Iran
05.08.2011
ROG beunruhigt über mögliche Einführung von „nationalem Internet“
Die Pläne der iranischen Regierung zum Aufbau eines „nationalen Internets“ nehmen offenbar Form an. Reporter ohne Grenzen (ROG) zeigt sich besorgt über die Ankündigung des Ministeriums für Kommunikations- und Informationstechnologie, eine Testversion einer neuen Internetinfrastruktur bis Ende August 2011 freizuschalten. Schon seit mehreren Monaten sprechen iranische Regierungsvertreter öffentlich über ihre Pläne zur Einführung eines „reinen“ inländischen Internets. Sollte das Regime seine Ankündigung wahrmachen, droht aus Sicht von ROG eine neue Dimension der Online-Überwachung sowie eine Abschottung der iranischen Bevölkerung vom internationalen Internet. „Die Pläne zeigen, dass das Regime eine vollständige Zensur über alle Kanäle der Informationsverbreitung verhängen will“, so ROG. In der Konsequenz würde eine Art Intranet mit neuen Möglichkeiten entstehen, Dissidenten, Oppositionelle, Blogger und kritische Internetnutzer zu kontrollieren. Nach den Angaben der Regierung dient das Projekt der Abwehr von Internetangriffen von außen, dem Schutz unter anderem vor „unmoralischen“ Inhalten im World Wide Web sowie der besseren Verwaltung nationaler E-Mails und Sammlung von Informationen im Inland. Möglicherweise soll das neue Netz zunächst parallel zum internationalen Internet eingeführt werden und dieses später ersetzen. Vermutlich sollen lediglich Unternehmen wie Banken und staatliche Einrichtungen wie Ministerien einen Zugang zum weltweiten Internet behalten. Genauere Einzelheiten über die technische Umsetzung der Pläne sind bisher nicht bekannt. Dem Minister für Kommunikation und Informationstechnologie Resa Takipur Anwari zufolge soll das neue Internet eine 8 Mbps-Breitbandverbindung bieten, die später auf 20 Mbps erweitert werden soll. Zudem hat die iranische Regierung für Beginn 2012 den Start einer nationalen Suchmaschine mit Namen Ya Haq angekündigt. Die islamische Republik gehört seit Jahren zu den Staaten mit der weltweit stärksten Online-Filterung, Überwachung und mit den schärfsten Repressionen gegen kritische Internetnutzer. Der Staat steht deswegen auf der ROG-Liste „Feinde des Internets“. Immer wieder diskreditiert das Regime die Neuen Medien außerdem als „Werkzeuge ausländischer Interessen“ oder „Gefahr für die iranische Gesellschaft“. Aktuell sind im Iran mindestens 16 Cyberaktivisten sowie 25 Journalisten im Gefängnis. Zuletzt wurde am 27. Juli der Herausgeber der Website Ayandenews, Foad Sadehghi, festgenommen.
Folgen Sie uns!