Tunesien 13.01.2011

Verhaftungen von Medienschaffenden und strikte Online-Zensur dauern an

© AP

Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilt die Massenfestnahmen von Medienschaffenden in Tunesien. Nach ROG vorliegenden Informationen sind seit Ende Dezember rund zehn Journalisten sowie Blogger und Internetnutzer verhaftet worden. Gleichzeitig haben die Behörden die ohnehin schon rigide Online-Zensur ausgeweitet. Auf diese Weise versucht das Regime, eine kritische Berichterstattung über die Demonstrationen und Zusammenstöße mit Ordnungskräften zu verhindern. Internetplattformen haben eine zentrale Rolle bei der Verbreitung von Informationen über die im Dezember beginnende Protestwelle gespielt.    
ROG fordert die sofortige Freilassung der Medienschaffenden und ein Ende der Online-Repressionen. Die Medienrechtsorganisation appelliert außerdem an die Regierungen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die brutale Niederschlagung der Proteste durch staatliche Sicherheitskräfte in dem nordafrikanischen Land umgehend zu verurteilen.  
Am 12. Januar wurde der ehemalige Direktor der verbotenen Zeitung Alternatives und Sprecher der Kommunistischen Partei der tunesischen Arbeiter, Hamma Hammami, zuhause festgenommen. Am Vortag hatte Hammami eine Rede auf Facebook veröffentlicht, in dem er die gewaltsame Unterdrückung der Unruhen kritisierte und den tunesischen Präsidenten Zine el-Abidine Ben Ali aufforderte, sein Amt niederzulegen.
Am 11. Januar verhafteten Spezialeinheiten zudem Nissar Ben Hassen, Mitarbeiter der unabhängigen Hörfunkstation Radio Kalima, in der Küstenstadt Chebba im Osten des Landes. Hassen hatte kurz zuvor ein Video über die Solidaritätsproteste von Chebba im Internet veröffentlicht und arbeitete an der Montage eines weiteren Films über die Auseinandersetzungen in Mahdia an der Küste im Osten des Landes. Über den genauen Verbleib von Hassen ist nichts bekannt. Am 6. Januar hatten Zivilpolizisten einen weiteren Mitarbeiter von Radio Kalima Gabés, 400 Kilometer südlich von Tunis, festgenommen: Der Hörfunkreporter Moez Jemai wurde während des anschließenden Verhörs zu seiner Berichterstattung über die Unruhen in Sidi Bouzid im Zentrum des nordafrikanischen Staates misshandelt. Am 8. Januar wurde der Journalist wieder freigelassen.
Am 7. Januar wurde das Mitglied der Jugendorganisation der Demokratischen Progressiven Partei und Mitarbeiter der Parteizeitung Al-Maouqif, Wissem Essghaier, festgenommen.
Besonders beunruhigt ist ROG über das Schicksal von Ammar Amroussia. Der Mitarbeiter des Online-Mediums Albadil.org ist seit seiner Festnahme am 29. Dezember 2010 im Gefängnis von Gafsa 400 südlich der Hauptstadt. Ihm drohen bis zu 20 Jahre Gefängnis. In seinen Artikeln prangerte der Journalist vor allem die Korruption in seinem Land an und rief dazu auf, die Diktatur zu bekämpfen. Er berichtete über die Ereignisse in Sidi Bouzid für die im Land verbotenen Tageszeitung Al-Badil und nahm an zahlreichen Solidaritätsdemonstrationen in Gafsa teil. Darüber hinaus zählt ROG die Festnahme von fünf Bloggern und Online-Aktivisten. Keine Neuigkeiten hat ROG über die aktuelle Situation der inhaftierten Blogger Slim Amamou und Azyz Ammami. Möglicherweise werden beide in den kommenden Tagen dem Oberstaatsanwalt vorgeführt. Derweil wurden die beiden Blogger Hamadi Kaloutcha und Slah Eddine Kchouk am 8. beziehungsweise 9. Januar freigelassen. Weiter in Haft ist hingegen der Anwalt und Internetaktivist Mohamed Mzem.



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