Türkei
26.06.2018
Deniz Yücel freisprechen
Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die türkische Justiz auf, die Anschuldigungen gegen den deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel fallenzulassen. Am Donnerstag (28.06.) beginnt in Istanbul der Prozess gegen den Korrespondenten der Zeitung Die Welt. In der nur drei Seiten umfassenden Anklageschrift wird ihm „Propaganda für eine Terrororganisation“ und „Aufstachelung des Volkes zu Hass und Feindseligkeit“ vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert 18 Jahre Haft. Yücel saß rund ein Jahr in türkischer Untersuchungshaft, bevor er im Februar freigelassen wurde und nach Deutschland zurückkehren konnte.
„Der Prozess gegen Deniz Yücel ist wie viele andere Prozesse gegen Journalisten in der Türkei eine Farce. Alles andere als ein Freispruch wäre unerträglich“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Auch wenn Deniz Yücel bereits freigelassen wurde, geht die beispiellose Verfolgung kritischer Medien und Journalisten in der Türkei weiter. Der Druck auf Erdogan und die türkische Willkürjustiz darf nicht nachlassen, bis der Medienpluralismus wiederhergestellt ist und alle zu Unrecht inhaftierten Journalisten freigelassen wurden.“
Ende Februar 2017 hatte ein Haftrichter Untersuchungshaft für Yücel angeordnet und sich dabei auf Artikel gestützt, die Yücel über den Kurdenkonflikt und den Putschversuch im Juli 2016 geschrieben hatte. Kurz nach der Entscheidung des Haftrichters vorverurteilte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Journalisten öffentlich. In einer Rede bezeichnete er Yücel als „PKK-Vertreter“ und „deutschen Agent“. Bis zu seiner Freilassung am 16. Februar saß Yücel im Hochsicherheitsgefängnis Silivri in der Nähe von Istanbul in Haft.
Beschwerde vor dem europäischen Menschengerichtshof
Wie die Zeitung die Welt Anfang des Jahres berichtete, wird voraussichtlich Ende Juli der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) über die Klage von Deniz Yücel entscheiden. Der Journalist hat im April 2017 gegen seine Inhaftierung Beschwerde beim EGMR eingelegt, dessen Entscheidungen bindend für die Türkei sind. Ende Oktober hat Reporter ohne Grenzen zusammen mit weiteren Menschenrechtsorganisationen beim EGMR eine Stellungnahme im Verfahren Yücels eingereicht.
Auch Yücels Anwalt Veysel Ok steht in der Türkei vor Gericht. Ihm drohen zwei Jahre Haft, weil er in einem Zeitungsinterview im Jahr 2015 die türkische Justiz beleidigt haben soll. Sein Prozess geht am 4. Juli weiter.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz 157 von 180 Staaten.
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