USA
13.06.2013
Gesetz zum Informantenschutz nötiger denn je
Anlässlich des Deutschlandbesuchs von US-Präsident Barack Obama mahnt Reporter ohne Grenzen (ROG) die Regierung der Vereinigten Staaten zur Achtung der Pressefreiheit. Die Ausforschung von Journalisten mittels Vorratsdatenspeicherung und die Verfolgung von Informanten haben in den USA besorgniserregende Ausmaße erreicht. Das ist mit der zentralen Stellung der Pressefreiheit im ersten US-Verfassungszusatz unvereinbar. Die jüngsten Prisma-Enthüllungen zeigen, dass Journalisten und ihre Quellen weltweit nicht vor dem Zugriff durch US-Behörden geschützt sind. Whistleblower wie Edward Snowden sind für Medien unverzichtbare Hinweisgeber. ROG fordert die US-Regierung auf, Klarheit über das Ausmaß der Prisma-Überwachung herzustellen, die Privatsphäre auch von ausländischen Nutzern zu schützen und die Ermittlungen gegen Edward Snowden einzustellen.
„Journalistische Quellen systematisch auszuforschen, gefährdet die Kontrollfunktion der Presse in einer Demokratie“, kritisiert ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die USA brauchen dringender denn je ein Gesetz zum Informantenschutz, wie es Reporter ohne Grenzen seit Jahren fordert.“
Die Organisation hat dazu Vorschläge vorgelegt, nach denen die Vertraulichkeit journalistischer Quellen unter Strafandrohung zu schützen ist. Verletzungen dieses Grundsatzes durch Amtsträger sollten als besonders schwerwiegend geahndet werden. Der Schutz muss auch für Blogger und Netzaktivisten gelten, die an der Verbreitung von Informationen mitwirken, außerdem für Dokumentarfilmer und Autoren journalistischer Bücher. Ausnahmen vom Prinzip des Quellenschutzes sollten auf eng umrissene Sonderfälle beschränkt werden, in denen Leib und Leben von Menschen in Gefahr sind oder ein unmittelbar drohender Angriff auf die territoriale Integrität abzuwenden ist.
Die vom US-Justizministerium betriebene Ausforschung von Telefonanschlüssen der Nachrichtenagentur Associated Press – von deren Präsident zu Recht als „massiver und beispielloser Eingriff“ kritisiert – hat die Debatte über ein Informantenschutzgesetz in den USA neu entfacht. Dabei ist sie nur die Spitze des Eisbergs: Zusammen mit den Ermittlungen gegen Quellen des Fox News-Reporters James Rosen und des New York Times-Journalisten David Sanger bildet sie eine beunruhigende Reihe von Verletzungen der in der US-Verfassung garantierten Pressefreiheit. Nachdem die Häufung solcher Verfahren publik wurde, berichteten Journalisten reihenweise, dass langjährige Informanten aus Angst vor Verfolgung plötzlich den Kontakt zu ihnen mieden.
Noch im Wahlkampf für seine erste Amtszeit als Präsident lobte Obama Informanten in Regierung und Verwaltung, die Journalisten beim Aufdecken von Missständen helfen, als mutig und patriotisch und forderte ihren Schutz ein. Inzwischen sind unter Obama bereits sechs solcher „Whistleblower“ nach einem Spionagegesetz von 1917 verfolgt worden – doppelt so viele wie jemals zuvor. Diese Praxis verkennt die Bedeutung solcher Informanten, die unter erheblichen Risiken zur Aufdeckung von Fehlentwicklungen beitragen.
Es passt in dieses Verhaltensmuster, dass Journalisten der Zugang zu Dokumenten zum Verfahren gegen Bradley Manning ebenso verwehrt werden soll wie zu einem Teil der Zeugenanhörungen im Rahmen seines am 3. Juni begonnen Prozesses. Dass Manning unter anderem beschuldigt wird, das Video eines tödlichen US-Angriffs auf ein Reuters-Kamerateam in Bagdad 2007 publik gemacht zu haben, gehört zur tragischen Ironie dieses für die Pressefreiheit verheerenden Verfahrens.
Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit stehen die USA auf Platz 32 von 179 Ländern. Detaillierte Meldungen zur Pressefreiheit in den Vereinigten Staaten (auf Englisch) finden Sie hier.
Diese Pressemitteilung finden Sie auf Englisch hier.
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