Aserbaidschan
07.06.2016
Inhaftierte Journalisten freilassen
Anlässlich des heutigen Deutschland-Besuchs von Präsident Ilcham Alijew fordert Reporter ohne Grenzen Aserbaidschan auf, alle inhaftierten Journalisten freizulassen. Derzeit sitzen in der Kaukasus-Republik mindestens drei professionelle Journalisten und vier Blogger wegen ihrer Tätigkeit im Gefängnis. Die renommierte Investigativreporterin Khadija Ismajilowa wurde Ende Mai zwar nach fast eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung freigelassen, aber nicht von allen Anschuldigungen freigesprochen. Nach wie vor unterliegt sie Auflagen der Justiz und darf nicht ins Ausland reisen.
Bis zu elf Jahre Haft wegen fragwürdiger Anschuldigungen
Zu den nach wie vor inhaftierten Journalisten gehört Sejmur Chasi, ein Reporter der Oppositionszeitung Azadliq und Moderator der kritischen Fernseh-Nachrichtensendung Azerbaycan Saati, die vom Ausland aus nach Aserbaidschan ausgestrahlt wird. Er wurde Ende August 2014 verhaftet, nachdem er sich gegen einen tätlichen Angriff eines Unbekannten verteidigt hatte. Im Januar 2015 wurde er zu fünf Jahren Haft wegen „schweren Rowdytums“ verurteilt.
Arschad Ibrahimow, der für die Nachrichtenportale Moderator.az und Avropa.info aus der Stadt Ganja berichtet, wurde 2014 wegen Erpressung zu elf Jahren Haft verurteilt. Zuvor hatte er in einem Artikel den Leiter einer regionalen Bildungsbehörde illegaler Umtriebe beschuldigt (http://t1p.de/0pbo).
Mehrere weitere Medienschaffende sind wegen ähnlich dubioser Anschuldigungen seit mehreren Jahren in Haft: der Blogger Abdul Abilow seit November 2013, die Blogger Raschad Ramasanow und Schaig Agajew seit Mai 2013 und Nijat Alijew, Chefredakteur der Nachrichtenwebsite Azadxeber, seit Mai 2012.
Mit besonderer Härte geht das Regime gegen Journalisten von Azerbaycan Saati und dem in Berlin produzierten Exil-Fernsehsender Meydan TV vor. Da ihre Leiter, Ganimat Sahid (Azerbaycan Saati) und Emin Milli (Meydan TV) im Ausland sitzen und für die Behörden nicht greifbar sind, verfolgen diese stattdessen ihre Angehörigen in Aserbaidschan. Mehrere sind wegen dubioser Vorwürfe verurteilt worden, andere mussten sich unter Zwang öffentlich von ihren beim Regime in Ungnade gefallenen Verwandten lossagen.
Strafe für Ismajlowa reduziert, aber Verurteilung nur zum Teil aufgehoben
Khadija Ismajilowas ursprünglich siebeneinhalbjährige Haftstrafe hatte Aserbaidschans Oberstes Gericht am 25. Mai auf dreieinhalb Jahre reduziert und zur Bewährung ausgesetzt. Ismajilowa ist durch ihre Recherchen über Vetternwirtschaft und Korruption der Präsidentenfamilie international bekannt geworden.
Die Journalistin war am 5. Dezember 2014 in Baku verhaftet und im vergangenen September zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Als Vorwand für ihre Verfolgung dienten zunächst die – wenig später zurückgenommenen – Anschuldigungen eines früheren Kollegen, Ismajilowa habe ihn in einen Selbstmordversuch getrieben. Erst nachträglich wurde sie wegen Untreue, illegalen Unternehmertums und Steuerhinterziehung angeklagt. Die Vorwürfe betreffen die Zeit von Juli 2008 bis Oktober 2010, als Ismajilowa das Büro von Radio Free Europe/Radio Liberty in Baku leitete.
Auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht das Land auf Platz 163 von 180 Staaten.
nach oben
Folgen Sie uns!