Aus: Fotos für die Pressefreiheit 2022
Lage der Pressefreiheit in Polen
Überraschend stoppte Präsident Andrzej Duda im letzten Moment das umstrittene Mediengesetz. Der Umgang der Regierung mit der freien Presse, besonders an der Grenze zu Belarus, sorgte dennoch für Unmut. Die Bewegungsfreiheit von Medienschaffenden bleibt eingeschränkt.
Am 16. November hielten polnische Soldaten drei Fotoreporter aus Polen und Tschechien nahe der belarussischen Grenze an, setzten sie in Handschellen fest und durchsuchten die Speicher ihrer Kameras und Handys. Die Regierung in Warschau hatte am 2. September den Notstand ausgerufen und allen Medienschaffenden untersagt, einen drei Kilometer langen Streifen entlang der Grenze zu Belarus zu betreten.
Bei Missachtung der Verbotszone drohten bis zu 30 Tage Gefängnis oder eine Geldstrafe von umgerechnet etwa tausend Euro.
Mindestens vier weitere Medienteams sind wegen angeblicher Verstöße gegen diese Regel im Grenzgebiet schikaniert worden. Das Team der deutschen Arte-Journalistin Ulrike Däßler musste Ende September sogar eine Nacht im Gefängnis verbringen.
Die Notstandsverordnung lief am 30. November aus. Am Abend zuvor jedoch verabschiedete das Parlament ein neues Gesetz, das den Zugang zum Grenzgebiet zu Belarus weiterhin einschränkt.
Auch der Konflikt um das umstrittene Mediengesetz hat sich weiter zugespitzt: Laut Neufassung dürften Investoren aus Nicht-EU-Ländern höchstens 49 Prozent an polnischen Fernsehsendern besitzen. Die USA und die EU hatten gegen das Gesetz protestiert, das auch „Lex TVN“ genannt wird – nach dem größten Privatsender Polens. TVN gehört zu hundert Prozent einer niederländischen Tochter des US-Konzerns Discovery und ist der wichtigste Konkurrent des öffentlichen Senders TVP, der als Propaganda-Kanal der Regierungspartei PiS gilt. Präsident Andrzej Duda legte jedoch überraschend sein Veto ein und weigerte sich, die vom Parlament verabschiedete Fassung zu unterzeichnen: Diese sei verfassungswidrig und schädlich für die Beziehungen zwischen Polen und den USA.
Die Bilder zu diesem Artikel sowie weitere beeindruckende Fotoreportagen finden Sie in unserem Fotobuch 2022.
Folgen Sie uns!