Deutschland 02.09.2016

Drei UN-Berichterstatter kritisieren BND-Reform

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Die geplante Reform des BND-Gesetzes missachtet nach Einschätzung dreier UN-Sonderberichterstatter internationale Menschenrechtsstandards. In einem Schreiben an den deutschen Botschafter bei den Vereinten Nationen in Genf äußern die UN-Vertreter „ernste Bedenken“ gegen die Reformpläne der Bundesregierung. Das neue BND-Gesetz würde in seiner vorgeschlagenen Form „eine Gefahr für die Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit darstellen“.

„Dass gleich drei UN-Sonderberichterstatter den Gesetzentwurf so deutlich kritisieren, zeigt, wie gravierend das geplante BND-Gesetz in Menschenrechte eingreifen würde“, sagte ROG-Vorstandsmitglied Matthias Spielkamp. „Nach diesem Weckruf der Vereinten Nationen sollten die Regierungsfraktionen den Entwurf endlich gründlich überarbeiten. Ausländische Journalisten und andere Berufsgeheimnisträger müssen die gleichen Schutzrechte erhalten wie ihre deutschen Kollegen.“

Die drei UN-Sonderberichterstatter David Kaye (Schutz der Meinungsfreiheit), Michel Forst (Situation der Menschenrechtsverteidiger) und Mónica Pinto (Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten) haben der Bundesregierung ihre achtseitige Stellungnahme am vergangenen Montag übersandt. Darin bitten sie die Bundesregierung um eine Antwort, die sie ebenso wie ihre Einwendungen publik machen wollen.

Am Donnerstag wurde zudem ein Gutachten mit massiver Kritik der Bundesdatenschutzbeauftragten an der bisherigen Überwachungspraxis des Bundesnachrichtendienstes publik, die durch das neue BND-Gesetz im Kern legalisiert werden soll. Die Stellungnahmen bestätigen die Kritik von Reporter ohne Grenzen (ROG) sowie von weiteren 16 Menschenrechts- und Medienorganisationen. Das internationale Bündnis hat Anfang August eine Petition für die Überarbeitung des BND-Gesetzentwurfs gestartet, die bereits von mehr als 5000 Menschen unterzeichnet worden ist.

„Ziel von unbegründeter und unverhältnismäßiger Überwachung“

Die UN-Experten listen fünf Punkte auf, in denen der Gesetzentwurf gegen internationale Menschenrechtsstandards verstößt. Unter anderem seien die Bedingungen, unter denen der BND Menschen außerhalb Deutschlands überwachen darf, zu vage formuliert und begründeten damit ein „hohes Risiko, dass der BND persönliche Daten ausländischer Bürger und Institutionen sammeln und analysieren wird, denen weder Straftaten noch Fehlverhalten vorgeworfen wird“. Insbesondere die Regelungen zur Massenüberwachung genügten den menschenrechtlichen Maßstäben der Notwendigkeit und Angemessenheit nicht.

Scharf kritisieren die UN-Sonderberichterstatter, dass in dem geplanten Gesetz Schutzrechte für Journalisten fehlen: „Der Gesetzentwurf weckt ernsthafte Bedenken, dass ausländische Journalisten und ihre Informanten Ziel von unbegründeter und unverhältnismäßiger Überwachung werden. Dies bedroht wiederum ihr Recht – und das der Allgemeinheit –, Informationen zu sammeln, zu erhalten und weiterzugeben.“ Ähnliche Bedenken äußern sie bezüglich des Schutzes der Kommunikation zwischen Anwälten und ihren Klienten.

Schutzrechte dürfen nicht nach Staatsangehörigkeit diskriminieren

Deutliche Kritik üben die UN-Vertreter auch daran, dass der Gesetzentwurf ausländische Staatsbürger schlechter vor Grundrechtseingriffen schütze als Deutsche. Der Schutz der Meinungsfreiheit gelte gemäß dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte unabhängig von der Nationalität und von Grenzen; auch gesetzliche Beschränkungen dieses Rechts dürften nicht nach Staatsangehörigkeit diskriminieren.

Ferner werde die Aufsicht über den BND durch das geplante „Unabhängige Kontrollgremium“ internationalen Anforderungen an eine wirksame Kontrolle von Überwachungsmaßnahmen nicht gerecht, weil das Gremium nicht ausreichend ausgestattet sei und seine Mitglieder von der Regierung ernannt würden.

Die Bundesregierung hatte Ende Juni einen Gesetzentwurf zur Reform des deutschen Auslandsgeheimdienstes vorgelegt, der bereits in erster Lesung im Bundestag debattiert worden ist. Am 26. September wird das BND-Gesetz in einer parlamentarischen Anhörung diskutiert, ehe der Bundestag voraussichtlich im Oktober das Gesetz verabschiedet.

Die Petition des Bündnisses um ROG für eine Überarbeitung des BND-Gesetzes kann weiterhin unterzeichnet werden. Ende September wollen Vertreter des Bündnisses um ROG die Unterschriften an die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD übergeben.



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