Beschwerdeführende gegen das BND-Gesetz
Hinweis: Von den insgesamt 20 Beschwerdeführenden haben sich drei Personen dazu entschieden, anonym zu bleiben. Sie sind daher an dieser Stelle nicht aufgeführt.
1. Beschwerdeführende mit europäischer Staatsangehörigkeit und Wohnsitz in der EU, die befürchten, vom deutschen Auslandsgeheimdienst überwacht zu werden
EU-Institutionen und EU-Bürgerinnen und -Bürger sind im Vergleich zu Deutschen laut BND-Gesetz schlechter gestellt. Sie können fast schrankenlos überwacht werden; mit dem Zweck der Gefahrenfrüherkennung sogar unbefristet.
Szabolcs Panyi
Szabolcs Panyi ist ungarischer Staatsangehöriger und lebt in Ungarn. Er recherchiert für das Journalismuszentrum Direkt36 zu Themen wie Korruption, nationaler Sicherheit und Außenpolitik. Sein Fokus liegt auf der russischen und chinesischen Einflussnahme auf die Politik des Landes. So deckte er Verbindungen von russischen Offizieren zu ungarischen extrem rechten Paramilitärs auf. Er recherchierte, dass ungarische Diplomaten Schengen-Visa an russische Kriminelle verkauften und dass russlandfreundliche Kräfte in Ungarn Spionageabwehrmaßnahmen behindert haben. Außerdem berichtete er über das sich intensivierende Verhältnis des ungarischen Präsidenten Viktor Orbán zu dem früheren US-Präsidenten Donald Trump. Für seine Arbeit erhielt Panyi 2015, 2016, 2020 und 2021 den Soma-Preis von Transparency International für die beste investigativ-journalistische Publikation des Jahres. Er ist Mitglied der journalistischen Initiative VSquare.org und war an den Recherchen des Pegasus Projects beteiligt.
Meron Estefanos
Meron Estefanos ist schwedische Staatsangehörige mit eritreischer Familiengeschichte und lebt in Schweden. Sie arbeitet als Journalistin und Menschenrechtsaktivistin. Ihre Beiträge erscheinen beim eritreischen Online-Exilmedium Asmarino, in US-amerikanischen Radiosendungen wie This American Life, im NDR und im Deutschlandfunk. Sie moderiert zudem für den eritreischen Exilradiosender Radio Erena (Tigrinya für „Unser Eritrea“). Estefanos gründete die International Commission on Eritrean Refugees mit, eine Organisation, die Geflüchtete sowie Opfer von Menschenhandel und Folter unterstützt. Estefanos ist seit Jahren Menschenhändlern auf der Spur, etwa in Ägypten oder Libyen. Im Jahr 2015 setzte sie sich für Medhanie Berhe ein, der von den italienischen Behörden verwechselt und zu Unrecht als Schleuser beschuldigt wurde. Sie informierte die Behörden über den wahren Schleuser, Medhanie Mered, und interviewte diesen daraufhin.
Sara Creta
Sara Creta ist italienische Staatsangehörige und lebt in Frankreich. Sie arbeitet als Fotojournalistin und Dokumentarfilmerin. Ihre Arbeiten wurden in Medien wie New York Times, BBC, Arte, ARD, ZDF, Spiegel, Channel 4, RTE, The Guardian und Al Jazeera English veröffentlicht. Creta konzentriert sich auf die Themen Flucht und Migration, insbesondere über das Mittelmeer. Beispielsweise recherchierte sie für Arte über das libysche Lagersystem und die Rolle der Milizen. Außerdem berichtete sie über die Machenschaften der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex und über ein italienisches Kriegsschiff, das eingesetzt wird, um Geflüchtete aufzuhalten. Auch über Flüchtende aus Myanmar oder dem Tschad sowie über die Folgen von Kriegen weltweit berichtet Creta regelmäßig. Sie hat zahlreiche Preise wie etwa den Migration Media Award erhalten und wurde für weitere Preise wie den CIVIS Media Prize 2022 und den Prix Albert Londres nominiert.
Peter Verlinden
Peter Verlinden ist belgischer Staatsangehöriger und lebt in Belgien. Er war 30 Jahre lang Afrikakorrespondent des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders VRT. Seit seiner Pensionierung im Jahr 2019 arbeitet er frei für Magazine wie Knack und Humo sowie für Zeitungen wie De Standaard und das Onlinemedium Doorbraak.be. Er hat 15 Bücher über die Region der Afrikanischen Großen Seen veröffentlicht. In einem seiner Berichte geht es um den ruandischen Hotelier Paul Rusesabagina, der von vielen als Held gefeiert wird, weil er während des ruandischen Völkermordes in seinem Hotel Mitglieder der Volksgruppe der Tutsi beschützte. Das ruandische Regime hingegen sieht Rusesabagina als Terroristen und verurteilte ihn zu 25 Jahren Haft. Außerdem recherchierte Verlinden über den Schmuggel von Mineralien aus der Demokratischen Republik Kongo nach Ruanda und Uganda. Wegen seiner kritischen Berichte über die Regimes dieser Länder ist er bereits mehrfach Ziel von Operationen der dortigen Geheimdienste geworden.
RSF mit Sitz in Paris
Reporters Sans Frontières ist eine gemeinnützige, nichtstaatliche, unabhängige Organisation mit Sitz in Paris. Sie dokumentiert Verstöße gegen die Presse- und Informationsfreiheit und alarmiert die Öffentlichkeit, wenn Journalistinnen und deren Mitarbeitende in Gefahr sind. Mit mehr als 130 Korrespondentinnen und Korrespondenten sowie Sektionen und Büros in Brüssel, Genf, London, Madrid, Stockholm, Taipei, Tunis, Wien, Rio de Janeiro, Dakar und Washington D.C., verfügt Reporters Sans Frontières über ein globales Netzwerk für schnelle Information und Intervention. Zudem hat sie beratenden Status bei den Vereinten Nationen, der UNESCO und dem Europarat.
2. Beschwerdeführende mit ausländischer Staatsbürgerschaft und Wohnsitz in Deutschland
Als Exil-Journalistinnen und -Journalisten befürchten sie, vom BND überwacht zu werden.
Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft mit dauerhaftem Wohnsitz in Deutschland sind vor Überwachung nur solange geschützt, wie sie sich in Deutschland aufhalten.
Awil Abdi Mohamud
Awil Abdi Mohamud ist somalischer Staatsangehöriger und lebt in Deutschland. Er ist Radiojournalist und war neun Jahre lang Direktor und Redaktionsleiter des somalischen Radiosenders Radio Galkayo in Somalia. Darüber verbreitete er Beiträge über Frauenrechte ebenso wie Musik oder Unterhaltung. Seit 2019 fungiert Mohamud als Präsident der Nationalen Vereinigung Somalischer Journalisten. Für diese Vereinigung ist er auch journalistisch tätig. Aufgrund seiner Arbeit wurde er zum Ziel der terroristischen Al-Shabaab-Miliz und des IS und erhielt wiederholt Morddrohungen. Nachdem 2021 ein Kollege ermordet wurde, floh Mohamud zunächst nach Nairobi. Um der lebensgefährlichen Lage zu entkommen und neue Kräfte zu sammeln, kam er mit dem Auszeit-Stipendium von RSF und der taz Panter Stiftung nach Berlin. Im RSF-Podcast „Pressefreiheit Grenzenlos“ spricht er über seine Arbeit.
Can Dündar
Can Dündar ist türkischer Staatsbürger und lebt seit 2016 in Deutschland. Er zählt zu den bekanntesten Journalisten der Türkei, ist Autor zahlreicher Bücher und war Chefredakteur der Tageszeitung Cumhuriyet. Im Frühjahr 2016 wurde Dündar wegen seines Berichts zu Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an Islamisten in Syrien zu fast sechs Jahren Haft verurteilt. Mit Unterstützung von RSF gelang Dündar die Flucht nach Berlin. Heute leitet er das türkischsprachige Online-Exilmedium Özgürüz (zu Deutsch: „Wir sind frei“). Daneben schreibt Dündar eine Kolumne für Zeit Online. Seine Themen: die deutsch-türkischen Beziehungen, Minderheiten- und Menschenrechtsfragen in der Türkei sowie die politische Strategie von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Wie Dündars Leben im Exil aussieht, wodurch die Pressefreiheit in seinem Herkunftsland gefährdet ist und welche Rolle die im Mai oder Juni 2023 anstehenden Wahlen spielen, erklärte er im RSF-Podcast „Pressefreiheit Grenzenlos“.
3. Beschwerdeführende mit ausländischer Staatsbürgerschaft und Wohnsitz im Nicht-EU-Ausland, die befürchten, vom BND überwacht zu werden
Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger mit Wohnsitz im Ausland darf der BND laut Gesetz umfassend überwachen, auch mittels Staatstrojaner, soweit dies für politische Informationen der Bundesregierung oder zur Gefahrenfrüherkennung erforderlich ist. Sie sind damit gesetzlich am wenigsten geschützt.
Goran Lefkov
Goran Lefkov ist nordmazedonischer Staatsbürger und lebt in Nordmazedonien. Er arbeitet als freier Journalist und recherchiert vor allem zu Korruption. Größtenteils ist er für Scoop tätig. Die Nichtregierungsorganisation fördert investigativen Journalismus und veröffentlicht eigene Recherchen. Im Jahr 2022 dokumentierte Lefkov die Vermögen von Beamten und kritisierte die mangelnde Transparenz des Systems, das Missbrauch fördere. 2017 deckte er Korruption bei staatlichen Aufträgen für den Kohleabbau in Nordmazedonien auf. Im Jahr 2016 berichtete er über Ungereimtheiten beim Erwerb eines Gebäudes, in dem die nordmazedonische Telekom sitzt, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom. Eine weitere seiner zahlreichen Recherchen belegte, dass politische Parteien Steuergelder in Millionenhöhe für ihre eigenen Kampagnen ausgeben. Lefkov amtiert als Vorstandsmitglied des Balkan Network of Science Journalists.
Dragana Pećo
Dragana Pećo ist serbische Staatsbürgerin und lebt in Serbien. Sie ist als investigative Journalistin tätig. Mit Kolleginnen und Kollegen gründete sie KRIK, ein Netzwerk, das auf Berichte über organisierte Kriminalität spezialisiert ist. Ihre Recherchen lösen oft Ermittlungen oder öffentliche Proteste aus. Im Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) unterstützt sie Journalistinnen und Journalisten bei der Recherche über vermögende Unternehmen und Einzelpersonen. Darüber hinaus gibt sie Schulungen zu investigativem Journalismus. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Preis für herausragende Verdienste im investigativen Journalismus der Central European Initiative (CEI) und der South East Europe Media Organization (SEEMO), dem Data Journalism Award, dem EU Investigative Journalism Award, dem Katarina-Preradović-Preis sowie dem Dušan-Bogavac-Preis.
4. Beschwerdeführende aus Deutschland, die befürchten, dass der BND die automatisierten Kommunikationsvorgänge all ihrer technischen Geräte abgreift und auswertet
Für die Verarbeitung z.B. von Daten aus Navigationsdiensten muss der BND überhaupt kein besonderes Ausforschungsinteresse begründen – sie kann alle Menschen in Deutschland treffen.
Eva Schulz
Eva Schulz ist deutsche Staatsbürgerin und lebt in Berlin. Als freiberufliche Journalistin ist sie vorrangig für öffentlich-rechtliche Medien tätig und arbeitete zudem bereits für Spiegel Online und das Wired-Magazin. Darüber hinaus ist sie als Moderatorin und Beraterin tätig. Für funk, das junge Content-Netzwerk von ARD und ZDF, gründete sie 2017 die Marke „Deutschland3000“, die junge Menschen dabei unterstützt, sich eine Meinung zu Politik- und Gesellschaftsthemen zu bilden. Für die Sozialen Medien produziert sie Erklär-, Meinungs- und Reportagebeiträge und Interviews mit prominenten Personen aus den Bereichen Pop bis Politik. Für ihre Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem als Unterhaltungsjournalistin des Jahres (1. Platz 2017, 2. Platz 2021), mit dem Kurt-Magnus-Preis (2020) und dem Deutschen Podcast Preis als Beste Interviewerin (2020). Das Forbes Magazine zählte sie 2019 zu den „30 under 30 Europe“.
Kerem Schamberger
Kerem Schamberger ist deutscher Staatsbürger und lebt in München. Er ist Referent für Migration und Flucht in der Öffentlichkeitsarbeit von medico international und politischer Aktivist. Bis Februar 2022 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der Ludwig-Maximilians-Universität München tätig. Bis Ende 2017 war er Mitglied und Sprecher der Münchener Gruppe der Deutschen Kommunistischen Partei und seit August 2020 Mitglied der Partei Die Linke im Kreisverband München.
Christian Mihr
Christian Mihr ist deutscher Staatsbürger mit Wohnsitz in Berlin. Nachdem er viele Jahre als Journalist und Dozent in der journalistischen Ausbildung arbeitete, ist er heute hauptberuflich Menschenrechtsaktivist und Experte für internationale Medienpolitik. Seit 2012 ist er Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen in Berlin, der deutschen Sektion der internationalen Organisation von Reporters sans frontières. Darüber hinaus engagiert er sich im Kuratorium des Deutschen Instituts für Menschenrechte, im Kuratorium des Leibniz-Instituts für Medienforschung/ Hans-Bredow-Institut, als Vorstandsmitglied der spanischen Organisation Access Info Europe und als berufenes Mitglied im Fachausschuss Kommunikation und Information der Deutschen Unesco-Kommission.
Nora Markard
Nora Markard ist deutsche Staatsbürgerin und lebt in Berlin. Als Juristin ist sie in den Bereichen Verfassungsrecht, Völkerrecht, internationales Flüchtlingsrecht, Migrationsrecht sowie Legal Gender Studies spezialisiert. Sie ist Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. und seit Januar 2020 als Professorin am Lehrstuhl für Internationales Öffentliches Recht und Internationalen Menschenrechtsschutz an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster tätig.
Ulf Buermeyer
Ulf Buermeyer ist deutscher Jurist und lebt in Berlin. Er ist Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. Seit 2008 ist er als Richter am Landgericht Berlin tätig (derzeit beurlaubt). Sein Engagement gilt Grundrechten, insbesondere im digitalen Raum. Wissenschaftlich arbeitet er zu den Bereichen Verfassungsrecht, mit Schwerpunkt auf Telekommunikationsfreiheiten, informationelle Selbstbestimmung und Informationsfreiheit sowie Strafrecht. Darüber hinaus ist er journalistisch tätig, unter anderem als Autor bei netzpolitik.org, und moderiert den wöchentlichen Politik-Podcast Lage der Nation. Als Experte für staatliche Überwachung der Bevölkerung zur Kriminalitätsbekämpfung nimmt er regelmäßig an Debatten über den Schutz der Privatsphäre im Internet teil, unter anderem bei Vorträgen, in Podcasts, im Fernsehen oder als Verfasser eines Entwurfs für ein Berliner Datenschutzgesetz für den Justizvollzug.
Martin Kaul
Martin Kaul ist deutscher Journalist und lebt in Berlin. Er ist Vorstandsmitglied der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen. Derzeit arbeitet er für das Investigativressort des Westdeutschen Rundfunks. Zuvor war er von 2009 bis 2019 für die Berliner Tageszeitung taz, zunächst als Redakteur für soziale Bewegungen, später als Reporter in der Chefredaktion und als freier Journalist unter anderem für Spiegel Online, die Financial Times Deutschland und dpa tätig. Schwerpunkte seiner Recherchen liegen in den Bereichen des organisierten Extremismus und Radikalismus, insbesondere im Bereich des Rechtsextremismus, sowie nationaler Sicherheit, Verteidigungspolitik und internationaler Politik. So recherchierte und veröffentlichte er zu Reichsbürgernetzwerken und Ermittlungen wegen Terrorverdachts, aber auch zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr.
RSF mit Sitz in Berlin
Der Verein Reporter ohne Grenzen e.V. ist Teil der 1985 gegründeten internationalen Organisation Reporters Sans Frontières mit Hauptsitz in Paris. Seit 1994 ist die deutsche Sektion von Berlin aus aktiv und ist organisatorisch und finanziell eigenständig. Gemeinsam mit dem internationalen Sekretariat in Paris recherchiert Reporter ohne Grenzen Berlin Verstöße gegen die Medienfreiheit weltweit, wertet diese aus, dokumentiert sie und koordiniert internationale Kampagnen und Aktionen. Neben der Sicherheit und dem Schutz von Medienschaffenden liegt ein besonderer Schwerpunkt der deutschen Sektion im Bereich Internetfreiheit.
Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF)
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. wurde 2015 gegründet und ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin. Sie ist im Bereich der strategischen Prozessführung tätig, um gezielt Grund- und Menschenrechte durchzusetzen. Sie setzt strategische Gerichtsverfahren und juristische Interventionen ein, um Demokratie und Zivilgesellschaft zu fördern, Überwachung und digitale Durchleuchtung zu begrenzen und für alle Menschen gleiche Rechte und soziale Teilhabe zu erreichen. In diesem Sinne betreibt sie auch Policy- und Advocacy-Arbeit sowie Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, breite Aufmerksamkeit zu schaffen und gesellschaftliche Diskurse über diese Themen anzuregen.
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